Deutschland auf Platz 3 der Rüstungsexporteure

DFG-VK-Bundessprecher Grässlin ruft zur Unterstützung der Unterschriftenaktion „Waldkircher Erklärung“ auf

Die Zahlen lesen sich nüchtern, die Folgen sind dramatisch: Trotz aller gesetzgeberischen und politischen Vorkehrungen steigen die deutschen Waffenexporte rasant an. Laut Berechnungen des schwedischen Friedensforschungsinstituts Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) verdoppelte die Bundesrepublik Deutschland ihren Export konventioneller Waffen innerhalb eines Jahres von 1,5 Milliarden Dollar (2005) auf 3,8 Milliarden (2006). Nach den USA und Russland avancierte Deutschland damit zum drittgrößten Waffenexporteur.

Genau diese Entwicklung sollte mit dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KWKG), dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sowie den „Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ verhindert werden. Diesem Kontrollregime steht die Realität einer aktiv betriebenen Rüstungsexportförderung seitens der großen CDU/CSU/SPD-Koalition gegenüber, deren verbale Vorgaben einer „restriktiven Rüstungsexportpolitik“ und „aktiven Friedenspolitik“ zu Merkels Märchenstunde verkommen.

Denn führende Empfänger deutscher Waffen sind auch Staaten, die kriegerische Konflikte führen, darunter Entwicklungsländer. Dass viele dieser Staaten zugleich deutsche Entwicklungshilfegelder erhalten, zeigt die Doppelmoral deutscher Außen- und Wirtschaftspolitik. Deutsche Waffen wurden in beträchtlichem Umfang an Länder in Krisen- und Kriegsgebiete des Nahen Ostens, Asiens und Afrikas verkauft. Damit wurde zugleich der Passus in den „Politischen Grundsätzen“ ausgehebelt, wonach Deutschland keine Waffen an menschenrechtsverletztende Staaten liefere.

Sind Waffen und Munition erst einmal in den Zielgebieten angekommen, verschwinden sie häufig in staatlich unkontrollierbaren Grauzonen der Bürgerkriegskonflikte. Dass die Reexporte an Drittstatten seit Jahren de facto nicht kontrolliert werden, ist Teil eines Systems, das letztlich jegliche Kontrolle außer Kraft setzt und die Empfängerländer abgegebenen so genannten „Endverbleibserklärungen“ zu Makulatur verkommen lässt. Auch die Entwicklung bei den Lizenzvergaben zum Nachbau deutscher Waffen gibt Anlass zu größter Sorge. Trotz der schlimmen Erfahrungen mit den G3-Lizenzvergaben von Heckler & Koch wurden für das Nachfolgemodell G36 bereits wieder erste Lizenzen vergeben.

Der Kriegseinsatz deutscher Waffen war und ist für die Betroffenen häufig tödlich. Allein berechnet auf die Direktexporte und Lizenzvergaben des Oberndorfer Gewehrfabrikanten Heckler & Koch stirbt alle 14 Minuten ein Mensch durch eine Kugel aus dem Lauf einer H&K-Waffe, mindestens genauso viele werden verwundet und verstümmelt. Laut Schätzungen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes sterben rund 95 Prozent aller Opfer durch so genannte „Kleinwaffen“, also Gewehre, Pistolen, Mörser und Minen. Deutschland zählt seit Jahren zu den führenden Exporteuren von Kleinwaffen, die von SIPRI im Übrigen erst gar nicht erfasst werden.

Aufgrund meiner Recherchen in Kriegs- und Krisengebieten und zahlreichen Gesprächen mit Familienmitgliedern von Opfern deutscher Rüstungsexporte weiß ich, dass Waffenlieferungen aus Deutschland – allen voran von H&K und EADS/Daimler – aktive Beihilfe zum Massenmord darstellen. Aufgrund der staatlichen Förderungspolitik für Rüstungsexporte werden auch 2007 und in den Folgejahren wieder Abertausende unschuldiger Menschen Opfer des Einsatzes deutscher Waffen werden.

Um dieser dramatischen Fehlentwicklung aktiv entgegen zu treten, trafen sich im Juli 2007 auf Einladung der SPD-Ortsgruppe im Juli 2007 in Waldkirch bei Freiburg Vertreterinnen und des Deutschen Gewerkschaftsbundes Südbaden (DGB), des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.), des Deutschen Aktionsnetzes Kleinwaffen Stoppen (DAKS), der Kampagne gegen Rüstungsexport bei Ohne Rüstung Leben (ORL), der deutschen Sektion von Pax Christi, der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) sowie der Partei Die Linke u.v.a.m.

Die von den DFG-VK-Mitgliedern Prof. Wolfram Wette und Jürgen Grässlin sowie von Dr. Bernhard Moltmann, Vorsitzender der Fachgruppe Rüstungsexportpolitik der „Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung (GKKE)“, formulierte und mit den Teilnehmern der Waldkircher Anti-Rüstungsexportveranstaltung abgestimmte „Waldkircher Erklärung gegen Rüstungsexporte“ findet sich auf der Website www.dfg-vk.de, ebenso wie die Unterschriftenlisten zum Herunterladen.

Bis zum 15. Oktober 2007 sollen möglichst viele Unterschriften gesammelt und anschließend den Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien zugänglich gemacht werden. Erfreulich ist die Tatsache, dass die „Waldkircher Erklärung“ bereits in mehreren bundesweit erscheinenden Tageszeitungen – teilweise mit unterstützenden Kommentaren auf der Titelseite – abgedruckt wurde. Ich bitte die Landesverbände und Ortsgruppen der DFG-VK um aktive Unterstützung, damit viele weitere Unterzeichnerinnen und Unterzeichner gewonnen werden und die Regierungskoalition durch eine breite öffentliche Gegenreaktion zur Umkehr in der Rüstungsexportpolitik bewegt werden kann!

Jürgen Grässlin ist Bundessprecher der DFG-VK und
des Deutsche Aktionsnetz Kleinwaffen Stoppen (DAKS)
sowie Vorstandsmitglied des RüstungsInformationsBüro (RIB e.V.).

Kontakt und weitere Hintergrundinformationen:
Tel. 0761-7678 208, Mob. 0170-6113759,
j.graesslin@gmx.de, www.juergengraesslin.com

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