An das Stadtplanungsamt
Betr.: Bebauungsplanverfahren Umgestaltung Werthmannstraße, Rotteckring und Friedrichring
hier: Stellungnahme des Freiburger Friedensforums im Rahmen „frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit“
Sehr geehrte Damen und Herren,
das Freiburger Friedensforum übersendet Ihnen hiermit eine Stellungnahme in o.g. Angelegenheit. In dieser Stellungnahme geht es um Kunstobjekte und Denkmäler, die von der geplanten Umgestaltung betroffen sind. Nach Aussage der Stadtverwaltung wird dafür zur Zeit vom Stadtplanungsamt und Kulturamt eine Konzeption entwickelt, die dann dem Gemeinderat und der Öffentlichkeit vorgestellt werden soll. Unter anderem soll es dabei um folgende Objekte gehen:
1. um die Bronzetafel zur Erinnerung an die von Nazischergen 1938 zerstörte Synagoge vor der Universität (Kollegiengebäude I und II)
2. um Wegweiser und Gedenkplatte zur Erinnerung an die Deportation jüdischer Bürger in das KZ Gurs im besetzten Frankreich, 1940
3. um die Bronzeskulptur vor Volkshochschule und Schwarzem Kloster am Rotteckring zum Gedenken an die Verfolgten des Naziregimes
4. um das Mahnmal für die Vertreibung von Deutschen nach dem 2. Weltkrieg am Fahnenbergplatz und
5. um das Siegesdenkmal am Friedrichring.
Alle diese Denkmale haben erhebliche politische Bedeutung. Die ersten drei erinnern an die Verbrechen der Nazidiktatur, das vierte an die Vertreibung als Folge der zeitweiligen Naziherrschaft über weite Teile Europas, das fünfte, weitaus größte, pomphafte und aggressive an den Sieg der Armeen deutscher Fürsten über Frankreich 1871.
Zu 1. Bronzetafel alte Synagoge
Häufig fragen Touristen an dem nach ihr benannten Platz, nach der alten Synagoge, und finden dann lediglich eine versteckte Gedenktafel, deren Beschriftung nur aus nächster Nähe zu lesen ist. Sie soll nun in einem Wasserbecken in Form des Grundrisses der ehemaligen Synagoge Platz finden. Zu befürchten ist, dass damit der Zugang zur Schrifttafel noch schwieriger wird.
Zu 2. Straßenwegweiser Gurs
Touristen fragen häufig nach der Bedeutung dieses Wegweisers. Die zugeordnete Gedenktafel sollte erheblich größer sein und mehr ins Auge fallen. Auch ein Hinweis auf die Skulptur auf der Wiwili-Brücke wäre hier angebracht.
Zu 3. Bronzeskulptur am Rotteckring zum gedenken an die Verfolgten des Naziregimes
Diese Bronzeskulptur des Bildhauers Walter Schelenz, wurde 30 Jahre nach Ende der Naziherrschaft 1975 aus „restlichen Haushaltsmitteln“ finanziert. sie ist deshalb sehr klein, jedoch von großer künstlerischer Bedeutung. Noch immer kennen viele Freiburger die unauffällig platzierte Skulptur und ihre Bedeutung nicht. Auch wird sie inmitten von Marktständen kaum wahrgenommen. Im Laufe der vergangenen 35 Jahre haben politisch interessierte Bürgerinnen und Bürger sich mit dem Anliegen einer angemessenen Platzgestaltung an die Stadtverwaltung gewandt und wurden aus Kostengründen abgewiesen. Mit dem in der Planung der Stadt vorgesehenen Verschwinden der lautstarken Verkehrsachse gibt es endlich wieder Gelegenheit, für die Skulptur eine angemessene Umgebung zu schaffen. Darauf werden in Zukunft viele Freiburgerinnen und Freiburger bestehen.
Zu 4. Das Mahnmal für die Vertreibung
Es hat unter großen Bäumen einen geradezu idyllischen Platz gefunden, an dem die Stadt wohl nicht viel ändern will. Erforderlich ist aber eine große Schrifttafel mit den historischen Gründen für diese Vertreibung.
Zu 5. Das Siegesdenkmal
Mit der Errichtung dieses Denkmals feierten mehrere Städte des Großherzogtums Baden den gemeinsam mit Preußen, Bayern und anderen deutschen Fürstentümern 1871 errungenen Sieg über Frankreich. Preußenkönig Wilhelm wurde damals im besetzten Versailles zum deutschen Kaiser ausgerufen. Wohlgemerkt: Es ist ein Siegesdenkmal, kein Mahnmal für zigtausend Gefallene und andere Kriegsopfer. Das geht auch deutlich aus den Inschrifttafeln am Sockel hervor. Die Siegesgöttin hält den Siegerkranz hoch über den naturalistisch dargestellten Soldaten im Kampfeinsatz. So kann man sich nur wundern über die Meinung der Stadtverwaltung, das Denkmal sei keine Aussage zum Verhältnis mit dem Nachbarstaat Frankreich. Und man wundert sich dort dann noch, dass die Nazis das Denkmal nicht abgerissen haben. Wieso?
Das Denkmal stand früher auf der Straßenkreuzung und wurde 1962 aus verkehrs-technischen Gründen versetzt. Dabei wurde es auch gedreht, denn die Siegesgöttin durfte nicht mehr gen Westen schauen, der neue „Erbfeind“ saß im Osten. Man erwartete damals gerade einen Besuch vom französischen Präsidenten de Gaulle.
Das Denkmal wird heute vom Autoverkehr umkreist. Damit es wieder zugänglich wird, soll es nun abermals versetzt werden in die Fußgängerzone nahe am ehemaligen Standort. Man behauptet bei der Stadtverwaltung, dadurch würde das Denkmal „demokratisiert“. Freuen werden sich die Rechtsradikalen. Sie können das Denkmal nun schwarz-weiß-rot dekorieren. Laien behaupteten, das Denkmal habe auch kunsthistorische Bedeutung und soll nun vom Regierungspräsidium unter Denkmalschutz gestellt werden.
Die abermalige Stadtortverschiebung darf viel Geld kosten, was für das Mahnmal am Rotteckring nie zur Verfügung stand.
Unsere Meinung ist: Das Siegesdenkmal ist nichts als eine Verherrlichung des aggressiven, preußisch-deutschen Militarismus. Anscheinend gibt es unter unseren Zeitgenossen einige, die das wieder für zeitgemäß halten. Im Freiburger Friedenszentrum sieht man diese neue Planung für das Siegesdenkmal für einen politischen Skandal. Wir fordern den Abriss dieses monströsen Gegenstands. Der Erlös aus dem verkauften Bronzematerials kann einer neuen Platzgestaltung zugute kommen. Unser Vorschlag heißt, den dann denkmalsfreien Platz der deutsch-französischen Freundschaft zu widmen. Einige deutsche Städte, darunter auch die Landeshauptstadt Stuttgart haben ein Denkmal für Deserteure aus Gewissengründen. Freiburg hat da Nachholbedarf, der hier oder an anderer Stelle gedeckt werden könnte.
Das Freiburger Friedensforum legt Wert auf die Berücksichtigung dieser Stellungnahme und eine Antwort in absehbarer Zeit.
Mit freundlichen Grüßen
das Freiburger Friedensforum