eine Erklärung des Freiburger Friedensforums (PDF):
„Probleme kann man niemals mit der gleichen Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“
Albert Einstein
Antiterrorkrieg, Aufrüstung der USA, Immobilienkrise, Finanzkrise. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Managergier, gigantische Spekulationsblasen, Casinokapitalismus. Wer ist dafür verantwortlich?
Schon 2002 wurde der Börsenhandel und die Spekulation im Immobiliengeschäft von Rot-Grün erleichtert, 2004 wurden die Grenzen für Hedge-Fonds geöffnet, noch in diesem Jahr wurden die spekulativen Private-Equity-Fonds von Steuerpflichten befreit. Durch die Einführung der Riester-Rente wurden Gelder der staatlichen Rentenkasse entzogen, der Arbeitsmarkt wurde dereguliert, die Leiharbeit entfristet, der Niedriglohnsektor ausgeweitet (ver.di Publik 10/08). Eine kollektive Renditeorientierung ist entstanden, eine systemisch organisierte Verantwortungslosigkeit. Während Hunderttausende von Bankmitarbeitern wegrationalisiert wurden, gab es in den Führungsetagen der Wirtschaft nur wenige Rücktritte (siehe: GLS Bank Bankspiegel 1/08).
Der Zusammenbruch von Lehman Brothers ist finanziell gesehen der größte Bankrott in der Geschichte der USA. Seit Anfang 2008 war der Kurs um 70% gesunken, Anfang September wurde von der südkoreanischen Finanzmarktaufsicht davor gewarnt, bei Lehman einzusteigen. Steuergelder aus Freiburg in Höhe von 47 Millionen Euro wurden trotzdem dort angelegt, angeblich wegen des hohen Zinssatzes, der öffentlich nicht bekannt gegeben werden soll, offiziell aber 0,05% höher liegt als bei anderen (regionalen) Instituten. Selbstverständlich muss es dazu und über die Konsequenzen des Bankrotts eine öffentliche Debatte im Freiburger Gemeinderat geben.
Zunächst war vorgesehen, dass die Wall-Street-Institute eine Finanzierung zur Rettung der Lehman Bank organisieren sollten. Das funktionierte aber nicht. Denn, auch wenn die Banken diese Wirtschaftskrise durch verantwortungsloses Handeln maßgeblich mit verursacht haben, haben sie nicht vor, sich an den Kosten zu beteiligen. „Die astronomischen Schulden, die die Bürger anhäufen, um die Spekulanten aus dem Schlamassel zu ziehen, werden sich größtenteils in eine Haushaltskrise verwandeln, die als Vorwand für Kürzungen des Sozialstaats dienen werden. Und sie werden uns sagen, dass unsere Hoffnungen auf eine grüne Zukunft leider zu viel Geld kosten.“ (Naomi Klein, La Vanguardia 25.9.08). Bei Pleiten gibt es am Geldautomaten nichts mehr, es gibt keinen Zugriff auf das eigene Konto. Die Bankmanager können aber noch mit einem „gedeckelten“ Gehalt von 500 000 Euro im Jahr rechnen. Ohne Rettungspaket wäre ein mögliches Szenario: Pleiten von mehreren deutschen Banken durch die Zahlungsunfähigkeit von Hypo Real Estate, das Übergreifen der Bankenkrise auf die reale Wirtschaft, in Folge: Verlust von Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen.
Kriegsgefahr durch Weltwirtschaftskrise
1929 versuchte Reichskanzler Brüning durch Stärkung der Währung die Weltwirtschaftskrise gekoppelt mit Sozialabbau zu vermeiden. Eine Radikalisierung der Politik wurde dadurch ausgelöst, die zum Aufstieg des Nationalsozialismus führte. In solchen Krisenzeiten gelten Rüstungsaufträge des Staates als sicheres Geschäft. In Russland wurde bereits eine massive Unterstützung der Rüstungsindustrie beschlossen. Es soll staatliche Garantien für Kredite geben, die für die Umsetzung von Staatsaufträgen bestimmt sind (novosti 21.10.08). Wirklich lukrativ sind Waffengeschäfte dann, wenn die Waffen eingesetzt werden. Momentan steht Deutschland auf dem dritten Platz der Waffenexporteure. Seit fünfzehn Jahren beteiligt sich die Bundeswehr an immer mehr Kampfeinsätzen im Ausland. Zunehmend wird in Arbeitsagenturen und Schulen um junge Leute geworben, die ihr Leben in Kriegseinsätzen überall auf der Welt riskieren sollen. Der Einsatz der Bundeswehr im Inland wird geplant, die Überwachung und Kontrolle des Einzelnen nimmt zu. Auf der kommunalen Ebene gehören Rechtsradikale schon zum Alltag, der Rassismus ist allgegenwärtig.
Das krisenhafte kapitalistische System ist unbeherrschbar!
Wie lernfähig ist dieses System? Ist es überhaupt möglich, dass das Geldmarktsystem wieder seiner Aufgabe realwirtschaftliche Vorgänge zu finanzieren, nachkommt? Das Geld sollte eigentlich für die Menschen da sein, nicht umgekehrt. „Dem monetären Gewinn muss sein Platz in der Gesellschaft erst noch zugewiesen werden: als notwendige Rahmenbedingung, nicht aber als Ziel und Wegweiser.“ (GLS Bankspiegel 1/08).
Das Finanz-Casino schließen!
Als erste Schritte hin zu einem echten Systemwechsel fordern wir mit Attac eine einmalige Sonderabgabe auf große Vermögen, einen Finanzmarkt-TÜV und die Schließung von Steueroasen.
Den Banken müssen demokratische Kontrollmechanismen aufgezwungen und das öffentliche und genossenschaftliche Bankensystem gestärkt werden. Privati sierungen sind zu stoppen.
Die Betroffenen der Wirtschaftskrise sind Steuerzahler, Arbeitslose, Hungernde und Flüchtlinge. Die Verursacher sitzen in den Aufsichtsräten, die in der USA mit 700 Milliarden Dollar, gerettet werden sollen. Die Summe ist genauso groß wie das jährliche Budget des Pentagons, das neulich vom US Kongress verabschiedet wurde. „Die USA geben mehr für ihre ‚Verteidigung‘ aus als alle anderen Staaten der Welt zusammen . . . sie sind nicht in der Lage, diese Ausgaben mit sozialen und wirtschaftlichen Investitionen zu ersetzen, die sehr viel effektiver wären“ (Norman Birnbaum). In Deutschland sind es 480 Milliarden.
Sowie einfache Arbeitnehmerinnen für ihr Handeln zur Verantwortung gezogen werden, müssen auch die Verantwortlichen für die Finanzkrise zu Verantwortung gezogen werden. Sie sollen vor Gericht gestellt werden und mit ihrem angeeigneten Vermögen haften.
Katastrophenkapitalismus zu Grabe tragen! Die Banken entmachten!
Protestkundgebung vor dem Bundesfinanzministerium am 30. Oktober um 17 Uhr
in Freiburg: Protestkundgebung an der Citybank/Martinstor, 30.10.2008, 17 h
Karrikaturen: Klaus Stuttmann – www.stuttmann-karikaturen.de