Informationen zur Podiumsdiskussion „Deutsche Außenpolitik und Friedenspolitik im Praxistest“ am 24. April 2009 in der Aula der Universität Freiburg

Laut Programm wird sich die Diskussion um das neu erschienene Buch von Gernot Erler drehen, der selbst auf dem Podium sitzen wird. Das Buch hat den Titel „Mission Weltfrieden – Deutschlands neue Rolle in der Weltpolitik“. Die Diskussion soll nur auf dem Podium stattfinden, nicht oder nicht ausreichend mit dem Auditorium. Deshalb hat das Freiburger Friedensforum diese Information erstellt, die vor der Podiumsdiskussion verteilt wird.

In Erlers Buch werden alle Kriegshandlungen, an denen Deutschland aktiv beteiligt ist, Friedensmissionen genannt, so die Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien und die Beteiligung am NATO-Krieg in Afghanistan. Die logistische Beteiligung Deutschlands am Irakkrieg der USA wird verschwiegen. Der Praxistest für deutsche Außen- und Friedenspolitik in Erlers Buch befasst sich mit Afghanistan, Iran, Nahost und Zentralasien und wird vermutlich Schwerpunkt der Podiumsdiskussion sein. Dazu nimmt das Freiburger Friedensforum, wie folgt, Stellung:

    Zu Afghanistan:

Nach sieben Jahren Krieg mit der Sowjetunion und anschließendem Bürgerkrieg begann 2001 die Bombardierung mit nachfolgender Besetzung Afghanistans durch NATO-Truppen. Der Krieg steht nun im 8. Jahr! Nach anfänglichen Erfolgen gab es, so berichtet auch Erler, schwere Rückschläge und nach mehr als 100.000 zivilen Todes-opfern durch NATO-Angriffe eine Wiederausbreitung der Talibanherrschaft. Die NATO verstärkt deshalb laufend ihre Besatzungstruppen. Mit weiteren 30.000 US-Soldaten werden es 70.000 Soldaten sein. Erler schreibt dazu:

„Es hat schon Friedensmissionen gegeben, die scheiterten und abgebrochen wurden. In Afghanistan kann man sich das nicht vorstellen.“ Und weiter: „Der Hauptgrund, weshalb ein Scheitern ausgeschlossen ist, führt auf den Ausgangspunkt der Afghanistan-Mission zurück. Die Rückkehr der Taliban böte dem international agierenden Netzwerkterrorismus einen sicheren Hafen, von dem aus er ungestört seine Attacken quer über den Globus verbreiten könnte.“

Als ob dieser Netzwerkterrorismus das riesige rückständige Land benötigte, um hightech- Attentate in westlichen Metropolen zu planen und vorzubereiten!? Erler meint, das Land müsse so lange von der NATO besetzt bleiben, bis eine starke afghanische Regierung in der Lage sei, sich gegen die Taliban zu verteidigen, eine Regierung also, die Afghanistan noch nie hatte. Erler sieht keine Verhandlungslösung und setzt auf militärische Stärke, im Gegensatz zu zahlreichen Kennern des Landes, die meinen, dass diese Politik der Stärke in die Sackgasse führt. Die paschtunischen Stämme in Pakistan, die die paschtunischen Taliban unterstützen, befinden sich im Krieg mit der pakistanischen Regierung. Erler meint, diese Regierung brauche internationale Hilfe, damit dieser Atomwaffenstaat nicht destabilisiert werde. Die Unterstützung soll nun auch militärisch erfolgen.

    Zu Iran:

Erler nennt das iranische Nuklearprogramm einen der „gefährlichsten Konfliktherde der Gegenwart“ und schildert die bisherige Politik der EU mit alternativen Angeboten: Bei Verzicht auf das Nuklearprogramm wirtschaftliche Hilfe und Öffnung für die Weltmärkte, bei Nichtverzicht Blockaden und Sanktionen. Erler setzt alle Hoffnung auf eine neue US-Politik im Sinne von IAEO-Direktor al Baradai: „Aussicht auf Erfolg besteht erst, wenn die USA mit dem Iran sich an einen Tisch setzen.“

    Zu Nahost:

Auch für Erler scheint es schwierig, eine quasi nicht vorhandene deutsche und europäische Nahostpolitik zu beschreiben und erklärt, die Bundesregierung setze weiter auf die „road map“ mit dem Ziel einer 2-Staatenlösung, ohne sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie die für das total besetzte und durch Mauern und Stacheldraht vielfach zerstückelte Palästina verwirklicht werden kann.

„Deutschland verbindet seine besonderen bilateralen Beziehungen zu Israel mit intensiven Bemühungen zur humanitären Hilfe für die palästinensische Bevölkerung“

schreibt Erler. Gemeint sind wohl einige Millionen Euro für Ausbildung und Ausrüstung palästinensischer Polizei, sowie Waffenlieferungen an und militärische Zusammenarbeit mit Israel, so die Verträge beim Besuch der Bundeskanzlerin in Israel März 2008. Unklar bleibt in Erlers Buch auch, wie die Bundesmarine Waffenlieferungen an die Hisbollah im Mittelmeer verhindern soll, die nie über See laufen.

    Zu Zentralasien:

Es handelt sich dabei um die 5 ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan. Alle 5 Republiken werden von Diktatoren regiert. Alle sind reich an Bodenschätzen. Auch dort, wo es reiche Erdöl- und Erdgasvorkommen gibt, lebt die Bevölkerung meist in ärmlichen Verhältnissen. Die USA und China haben in diesen Ländern großen Einfluss gewonnen. Auch Russland ist dort wieder im Kommen, während Erler die Europäer „Nachzügler“ nennt, die nun auch im neuen „Great game“ mitspielen wollen im Poker um Bodenschätze und strategische Machtpositionen. Erler beschreibt deutsche Pläne, diese Länder aus ihrer zivilisatorischen Rückständigkeit herauszuführen und zu effektiven Handelspartnern des Westens zu machen, natürlich auf der Basis der Bodenschätze und fossilen Energiereserven.

Das neue „Great game“ ist ein risikoreiches, gefährliches, vielleicht auch tödliches Spiel. Es geht um den internationalen Konkurrenzkampf mit der Eroberung neuer Märkte und der Sicherung von Ressourcen für die jeweilige Wirtschaft.

Die Frage bleibt offen: “Wohin gehst du, „Mission für den Weltfrieden“?

Freiburg, 22. April 2009 aufgestellt:
Uta Pfefferle, Horst Luppe

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